Schafhaltung & Philosophie

Vorstellung Schafrasse

Das Rauhwollige Pommersche Landschaf ist eine alte vom Aussterben bedrohte Nutztierrasse, die vorwiegend im Ostseegebiet bis zu uns nach Sachsen Anhalt beheimatet war. Das Rauhwollige Pommerische Landschaf zeichnet sich durch eine hohe Robustheit, Wetterhärte sowie durch seine Widerstandsfähigkeit gegenüber typischen Schafkrankheiten aus. Gegenüber anderen Schafrassen ist das Rauhwollige Pommerische Landschaf kleinwüchsiger, dafür von Natur aus recht agil. Die genügsamen Tiere werden bei mir zur Landschaftspflege für den Biotop- und Artenschutz eingesetzt und sind das ganze Jahr über draußen.


Philosophie

Für den Artenschutz spielt die Ausprägung und Zusammensetzung der Pflanzengesellschaften die zentrale Rolle. Das Vorhandensein nahezu aller Tierarten ist mit den Vorkommen von Pflanzen annährend untrennbar verknüpft. Daher ist es unverständlich, warum ihnen in unserer Gesellschaft noch so wenig Beachtung geschenkt wird.

Wenn Landschaftspflege zugleich dem Artenschutz dienen soll, dann sind prioritär struktur- und nahrungsreiche Pflanzengesellschaften zu entwickeln, die vorzugsweise eine hohe Biomasse an Insekten beherbergen. Sie ist Grundvoraussetzung für die Entwicklung der gesamten unteren Nahrungspyramide (Amphibien, Reptilien, Kleinsäuger etc.). Denn Wiesen müssen für den Artenschutz nicht nur bunt sein sondern auch laut. Zur Schonung der Grundnahrungskette versuche ich auf eine Mahd weitestgehend zu verzichten oder diese nur partiell vorzunehmen.

Soll es mehr als nur Bienen und Grashüpfer geben, müssen auf großen Flächen insbesondere für Amphibien und Reptilien zusätzliche Strukturen angelegt und gepflegt werden.

Eine ökologisch ausgerichtete Beweidung heißt daher, die Tiere fressen eine Fläche nie leer, so dass auch nach dem Weidegang immer genug für den grundlegenden Erhalt der dortigen Stoff- und Nahrungskreisläufe übrig bleibt. Dies ist auch schon der simple Unterschied zur konventionellen Landwirtschaft, die im Wesentlichen stets darauf ausgerichtet ist, die Erträge mit nichts und niemanden teilen zu müssen. Der Nutzen eines Landwirtes für den Naturschutz, egal ob Ackerbauer oder Viehzüchter, ist somit mit dem Maß seiner Bereitschaft zum Teilen gleichzusetzen. Wer nicht teilen kann und auch nicht teilen möchte, hat im wahrsten Sinne für Natur- und Umweltschutz nichts übrig. Zum Glück kann ich es mir aufgrund meiner eigenkreierten Berufskombination leisten, viel übrig zu lassen. Dafür verzichte ich gern auf das Privileg, meine Produkte zu Dumpingpreisen anbieten zu können. Meine Fleisch- und Wurstwaren sind nach ihrer Wertigkeit zwar nur „Abfallprodukte“ aus Landschaftspflege und Tierzucht, dennoch haben sie m. E. im Rahmen der gesamten Fleischindustrie „High End Charakter“.

Ein Großteil meiner Sommerflächen sind allerdings auch Deiche. Die Beweidung und die damit verbundene Verdichtung der Mutterbodenschicht dienen dem Hochwasserschutz. Da Deiche in erster Linie technische Anlagen sind, werden diese auch nach technischen Gesichtspunkten unterhalten und bewirtschaftet. Abgesehen von den Schafen hält sich daher der Aufwuchs von tierischer Biomasse dort in Grenzen. Der Verbundcharakter der Deiche ist als Verbreitungsachse und Wanderkorridor für viele Tier- und Pflanzenarten dennoch nicht zu unterschätzen. Ein wesentlicher Grund für die von mir bewirtschafteten Deichabschnitte ist die Einflussnahme auf die Entwicklung des angrenzenden Gewässerrandstreifens.


Schafhaltung

Lämmer

Wenn das frische Grün im Frühjahr anfängt zu schieben, gebären die Muttertiere gewöhnlich 2 Lämmer auf der Wiese. Die ersten Tage weicht die Mutter den Lämmern kaum von der Seite. Erst wenn der Geruch und der Ruf der Mutter dem Lamm in Fleisch und Blut übergegangen ist und ein Wiederfinden in der Herde kein Problem mehr darstellt, dann beginnen sich Kindergartentrupps zu bilden, die die meiste Zeit am Tag ausgelassen toben. Die schönste Zeit im Jahr.  Die Muttertierherde verbringt gewöhnlich das Sommerhalbjahr auf Deichen und den Deichvorländern, da dort für die Lämmer mit das beste Futter wächst. Da sich die Schafe während des Jahres nahezu ausschließlich von Gräsern und Kräutern ernähren, gibt es keinen abrupten Wechsel der Futterinhaltsstoffe. Folglich brauchen aus hygienischen Gründen die Schwänze nicht kopiert werden.

Spätestens im August werden die Bocklämmer geschlechtsreif und müssen aus der Herde genommen werden, wenn man als Tierhalter noch den verwandtschaftlichen Überblick behalten möchte. Sie bilden anschließend eine Reisetruppe, die vorwiegend in halboffenen Flächen sowie auf Streuobstwiesen ihr Junggesellenleben verbringen. Bocklämmer sind von Natur aus etwas größer und können je nach der Futtersituation bereits ab Oktober Schlachtgewicht erreichen.

Mutterschafe

Ab September, wenn die Lämmer endgültig entwöhnt sind, beginnt die züchterische Selektion der Muttertiere. Muttern, die ihre Lämmer verloren oder nicht groß bekommen haben, Muttern, die mehrere Jahre hintereinander nur ein Lamm zu Welt gebracht haben und Muttern, die es nicht geschafft haben, sich nach der Lammaufzucht wieder eine stattliche Figur anzufressen, werden in einer extra Herde separiert. Diese Tiere werden dann im Herbst nicht mehr gedeckt und stehen potentiell für die Verwurstung zur Verfügung. Neben den züchterischen Erfordernissen (Fruchtbarkeit, Konditionierung, Mütterlichkeit) gewährleistet diese Verfahrensweise, dass die Lammzeit für mich nicht nur relativ stressfrei bleibt sondern zugleich ein schönes Lebensgefühl vermittelt. Das Alter der Muttern ist kein Selektionskriterium. Somit spiegeln im Idealfall Bestandsschwankungen den Gesundheitsstand der Herde wieder.

Wächst die Herde, bin ich mit mir und meiner Arbeit zufrieden. Muss ich viel aussortieren, ist es das Zeichen dafür, dass ich mein Herdenmanagement besser an die Umweltbedingungen anpassen muss. Ursprünglich dachte ich, dass sich so die Anzahl der Tiere auf die verfügbare Flächengröße reguliert. Doch die Praxis wird zunehmend von bürokratischen und wirtschaftlichen Randbedingungen vereinnahmt, so dass für das wirtschaftliche Überleben jegliche artgerechte Haltung zwangsläufig zur Tier- und Fleischproduktion mutiert. Dies trifft mindestens solange zu, solange der Irrglaube besteht, dass auch Fleischschafrassen artgerecht oder umweltschonend in der Landschaftspflege einsetzbar sind. Und solange es niemanden interessiert, ob das Fleisch auf dem Teller direkt aus der Stallanlage oder frisch von der Wiese kommt,  solange wird es auch keinen Händler geben, der eine artgerechte sowie zugleich ökologisch nachhaltige Haltung honoriert.

Die weiblichen Lämmer müssen bevor der Deckbock in die Herde zurückkommt, ebenfalls separiert werden, da Pommernschafmädels erst mit ca. 18 Monaten hinreichend ausgewachsen sind und vorher nicht gedeckt werden sollten. Sie bilden ebenfalls dann eine eigene Herde und müssen sich sofern keine Wetterextreme vorliegen, auf den Flächen mit lediglich etwas Heu dazu über den Winter fressen. Was im Frühjahr gesund und kräftig ist, wird in die Herdbuchzucht (Zuchtregister) aufgenommen. Alle Tiere, die z. B. nicht schwer genug sind, werden bis auf „Nachfrage“ in der Landschaftspflege eingesetzt.  Dies ist letztendlich auch der Grund, warum ich meine Ware nicht kostengünstiger anbieten kann. Dafür erfüllt es aber zumindest meinen Mindestanspruch, dass Fleisch vorher gelebt haben muss und nicht produziert wurde. Andererseits soll auch klar werden, dass eine Ernährung von Sojabohnenextrakten und anderen Monokulturen für unsere Umwelt viel schlimmer ist und deshalb alles andere als eine nachhaltige Lösung darstellt.

Böcke

Von den Pommernschafböcken gab es Anfang der 80iger Jahre nur noch 7 Linien. In einer Pommernschafzucht sollte die Linie des Deckbockes zum Erhalt der genetischen Vielfalt und zur Vermeidung von Inzucht alle 2 Jahre rotieren. Da man i. d. R. nur 1-2 Böcke in der Zucht braucht, gibt es aufgrund der wenigen Züchter viel zu wenig Tiere zur Absicherung der genetischen Vielfalt.  Viele Böcke bedeutet leider auch viel Rangeleien, so dass kaum ein Züchter mehr Böcke als nötig hat. Die Mindestanzahl an Böcken müsste daher über private Tierhalter gesichert werden. Obwohl es heißt „der Bock ist die halbe Herde“ ist somit die Vielfalt letztendlich doch in der Muttertierherde gespeichert. Böcke sind größer und schwerer als Mutterschafe. Durch Ihre imposante Erscheinung eignen sich Altböcke gut, um z. B. Naturfotografen und andere distanzgeminderte Menschen von Vogelbrutwänden fern zu halten. Denn ihr Blick bedarf keiner Worte. Doch der Aufwand für 2-3 Tiere täglich eine separate Fläche anzufahren, ist im Allgemeinen zu aufwändig. Daher ist bei mir der Bock aus sozialen und praktischen Gründen die meiste Zeit im Jahr bei den Muttertieren.